Auffällig in ihrer Region, mit internationaler Atmosphäre hat Nicole Eisenberg es zu mehreren interessanten wie anerkannten Bildsequenzen gebracht. Die imaginären Landschaften, Stadtschaften der 70er und 80er Jahre dürften die ersten sein. Sie wurde häufig und mit Erfolg, u.a. in Göttingen, Buenos Aires wie in Iserlohn ausgestellt. In Großformat wie als Miniatur angelegt, reflektiert diese Landschaftsformel in ihrer Architektur den Stil der Neuen Figuration wie ebenfalls die weltweit, von Rothko,Still bis Fruhtrunk, Lohse experimentierende Malerei der Farbfelder. Aber mit dem Unisono beider Stile artikuliert Nicole Eisenberg ihre Originalität. Landschaftsbilder als Landschafts-Assoziationen, Landschafts-Erinnerungen kontrapunktieren simplide Neue Gegenständlichkeit, wie jede naive Landschaftsmalerei überhaupt. Sie konterkarieren zugleich die formalen Flächen- und Farbspiele der Farbfeldmalerei. Landschaft im Plateau der Imagination, der Erinnerung, Landschaft als sublime Botschaft wird kreiert.
Mit den skripturellen Liniaturen und Botschaften der Metallic-Bilder, Stelen erinnert Nicole Eisenberg nicht nur an frühe Lackmalerei, an chinesische Malerei. Sie präsentiert zugleich eine auf Ethos, Religiosität, Reflexion und Kontemplation zielende Objektkunst der 90er Jahre, überlegt Postmodernes. Eine im deutschen Kunstraum nicht selbstverständliche Weltweite, Tradition und Modernität ist in den Bildvorschlägen der Malerin zwischen Paris und Iserlohn inkarniert.
Die großzügigen Metallic-Bilder der 90 Jahre, Bilder, Bilderreliefs, Stelen, Wand-Installationen präsentieren vorerst den Höhepunkt der Arbeiten Nicole Eisenbergs. In ihnen perpertuiert und zentriert sie ihre Bilderfindungen der letzten Jahrzehnte. Mit ihnen übernimmt sie nach Bild-Ästhetik und Bild-Botschaft eine interessante wie originäre Postion in der Kunstszene der Postmoderne.
Nicht einfach die Transskription, Metamorphose erreichter Bildlösungen, gerade der reflektive Gegenzug, die ganz persönliche Kreation markieren die künstlerische Visitenkarte der Nicole Eisenberg.
Die Metallic-Bilder, Bildreliefs bestechen durch ihre architektonische, wie malerische Ästhetik. Die Bildflächen sind großräumig gehalten, quadratisch, rechteckig oder stelenhaft gelängt angelegt. Oft ohne Rahmen sind sie mit silbriger Aluminiumfarbe, auch lackartig mit Schwarzfarbe oder in Braun überzogen. Auf den übergreifenden Bildflächen oszillieren wolkige Farbschwaden, geometrische Formen, Skripturen aus der Bibel, Liniaturen oder einfach die silbrige Metallic-Fläche selbst. Gegenständlicher Bildillusionismus, Landschafts- oder Figurenmalerei, gegenständliche Malerei überhaupt ist zu Gunsten von Installationskunst mit ethischen und religiösen Botschaften aufgegeben. Kunst im Arsenal der Spätmoderne, der Postmoderne wird vorgeführt.
Die Wandinstallationen potenzieren den architektonischen Reiz der Metallic-Bilder. Die wie geometrisch eingerichteten Arrangements der Bildobjekte, Stelen lassen ihre Ästhetik und Bildbotschaft beim Betrachter so recht zum Bewußtsein kommen, zwingen geradezu zur intensiven Bildreflexion, zur Meditation. Ob als Reihung weniger, korrespondierender Bildobjekte, ob als Engführung einzelner Bilder mit Stelen-Einschluß, ob als Bildgruppe übereinander angeordnet oder ob als Anlehnungs-Figur einer Stele an ein Wandobjekt komponiert. Immer ergibt sich ein ästhetisch vielfach reflektierendes, ein Botschaften intensivierendes Beziehungsfeld, das den Betrachter nicht nur zur ästhetischen, sondern auch zur reflektiven Kommunikation auffordert. Kunst als postmoderne Installation zur postmodernen Kommunikation wird präsentiert.
Nicole Eisenbergs Arbeiten sind von einer admirablen Konsequenz. Stelenobjekte und Landschaftsbilder trennen auf den ersten Blick Welten. Die Differenzen, Stilsprünge von Jahrzehnten der Kunstszene zwischen der Neuen Figuration und der Schamanenkunst des Joseph Beuys scheinen dazwischen zu liegen. Und doch aktiviert Nicole Eisenberg in ihren Metallic-Reliefs, Stelen auch Extrakte, Formpotenzen früherer Arbeiten. Die Metallic-Bilder erinnern durch ihre silbrige Aluminiumfarbe an die früheren Bildexperimente mit Aluminiumflächen. Die Stelenobjekte thematisieren und transferieren im Grund Horizonte, Landschaftsbänder, Segmente der früheren Landschaftsbilder. Erstaunlich wie Nicole Eisenberg in die Metallic-Bilder, Reliefs der 90er Jahre, Ergebnisse eigener, früherer Bildformeln, wie die Stilmittel der Kunstkultur von Jahrzehnten (Abstraktion, Op-Kunst, Zero, Konzept, Objekt-Kunst u.a.) einbringt und ihrer eigenen, innovativen Kunstkonzeption, Ästhetik und Botschaft innerhalb der postmodernen Kunstszene dienstbar macht.
Neues kommt bei den Metallic-Bildern natürlich dazu. Das klassische Wandbild scheint aufgelöst, unterliegt Metamorphosen. Die Installation wird vorherrschend. Nicht die Raum-Installation der Beuys-Ära, die mehr auf Aktion und Öffentlichkeit aus ist. Eher wird die Wand-Installation, die spezifische Gruppierung von Bildobjekten an der traditionellen Bildwand, bevorzugt. Sie verspricht Reflexion, Konzentration, ja Kontemplation. Bild und Skulptur identifizieren sich zum Wandobjekt, zur symbolträchtigen, auch Sakrales vermittelnden Stele. Ihre Bildflächen sind teilweise mit photokopierten Bibeltexten grundiert, moderne Experimentier-Technik wie postmoderne Botschaften ins Spiel bringend.
Nicole Eisenberg ist eine Künstlerin voller Experimentierfreude und Ästhetik. Immer aber spielen Inhalte, Aussagen, Gehalte mit. Nicole Eisenberg formuliert eine Objekt-, eine Installationskunst mit Botschaften. Die Landschaftsbilder, diese Imaginär- und Erinnerungsformel, thematisieren das "sentir la terre", die Metallic-Reliefs signalisieren in ihren nur fast abstrakten Liniaturen Himmels-, Erd- und Meereslandschaften. Die Metallic-Stelen assoziieren das Basic-Holz des Kreuzes Christi, lassen die fast zur Verschwommenheit reduzierten Botschaften des biblischen Dekalogs aufscheinen. Sargähnliche, enggeführte Stelen innerhalb von Wandinstallationen mahnen an die Erdbebenopfer von Kobe. Gerade auch in ihren Metallic-Formeln verengt Nicole Eisenberg nicht zur formalistischen Experimentierkunst, sondern präsentiert im Neo-Engagement der Postmoderne botschaftserfüllte Ästhetik.
Ästhetik mit Botschaft, die auch so überzeugt. Denn die Bildbotschaften bei Nicole Eisenberg geraten nicht ins Plakative, Laute und Öffentliche wie jedenfalls teilweise die Aktionskunst der Beuys-Ära. Die Wandinstallationen von Nicole Eisenberg suchen die individuelle, private Reflexion, Atmosphäre. Der metallische Farbüberzug der Bildreliefs, Stelen ästhetisiert, verschwierigt noch dazu die Bildaussage bis zur Verschlossenheit. Die Botschaftsfunktion der Bildflächen, Installationen wird - wohl bewußt - hermetisch, jedenfalls vieldeutig. Die silbrigen Metallic-Flächen als geheimnisvolles Botschaftsreservoir. Allerdings auch als Spiegelbasis für den Reflektanten. Nicole Eisenberg formuliert ihre eigene, stille Bildposition innerhalb der oft lauten Bildbotschaften der Postmoderne.
Prof. Dr. Walter Israel, Hagen, 1996