Südamerika - Licht und Schatten, 1987

Presseartikel

Erschienen im Göttinger Tageblatt am 3.3.1987
Peter Krüger-Lenz

Stadtansichten, Landschaftsbilder

Bilder von Nicole Eisenberg im Städtischen Museum.

"Südamerika - Licht und Schatten" lautet der Titel einer Ausstellung im Städtischen Museum mit Bildern von Nicole Eisenberg, bei dem Licht am direkten wie im übertragenen Wortsinn eine größere Bedeutung zukommt als dem Schatten.

Die Jahre 1978 bis 84, in denen Nicole Eisenberg in Buenos Aires lebte, sind Ursprung der Bildideen dieser Präsentation, bei der zwei Themen im Vordergrund stehen: Stadtansichten, vor allem von Buenos Aires und die Südamerikanische Landschaft.

Exemplarisch für ihr Entdecken im Streifzug durch die Hauptstadt Argentiniens, zeigt Eisenberg verschiedene topografische Punkte und Straßenszenen, die in ihrer Gesamtheit einen, allerdings beschränkten Eindruck von der Metropole und südamerikanischer Lebensart vermitteln. Sie wählt durchgängig den Standpunkt des zurückhaltenen Betrachters, was durch die Entfernung vom abzubildenden Gegenstand keine differenziertere Aussage zuläßt.

Kritische Ansätze wie im Bild "Plaza de Mayo", gemeint ist der Platz, auf dem argentinische Frauen Anklage erhoben gegen ein politisches System, das ihre Ehemänner und Söhne ermordet hat, verblassen in der Distanz und gehen zwischen bekannten Aussagen über Straßenschluchten, Skyline und Verkehr in der Großstadt unter. Menschen werden reduziert zu Schattenwesen mit einzig körpersprachlicher Ausdrucksmöglichkeit, oder ihre Individualität verliert sich in schemenhafter Ansammlung.

Nähert sich Nicole Eisenberg dem Geschehen im Zug oder im Café, bleibt sie trotzdem außen vor. Ihr Blick durch's Fenster ist der des (heimlichen) Beobachters, der von der persönlichen Teilnahme ausgeschlossen ist. Selbst die dargestellten, zum Teil öffentlichen Gebäude verwehren durch verschlossene Fenster und Türen oder unüberwindliche Zäune den Zugang.

Trotz dieser spürbaren Distanz zeugt die Ausstellung von der Faszination, die Buenos Aires auf Nicole Eisenberg ausübt. Oder ist es gerade diese Ferne, die es ihr ermöglicht, die Stadt einschließlich ihrer Schattenseiten ästhetisierend in einem verführerischen Glanz leuchten zu lassen?

Die Bilder südamerikanischer Landschaft sind geprägt von menschenleerer Weite. Das Erfassen dieser Ausdehnung und speziell des dort herrschenden Lichtes, ist vorderstes Anliegen der Künstlerin. Dies gelingt ihr eindrucksvoll.

Mit reduzierten Mitteln, das heißt, einer einfachen großflächigen Formgebung, beschränkter Farbpalette und dem Verzicht auf malerische Ausarbeitung fängt sie optische Stimmungsbilder ein, die nachhaltige Wirkung hinterlassen. Besonders bemerkenswert: die Darstellung der Wasserfälle. "Cataratas" und "Iguazú", im Format den Ausmaßen dieser Naturspektakel angepaßt.

Durch den diesmal dicht gewählten Standort begünstigt, schafft Eisenberg eine wirklichkeitsnahe Vorstellung von der Gewalt in die Tiefe stürzender Wassermassen, was den Betrachter beinahe sogartig ins Geschehen einbezieht.

Resümierend läßt sich festhalten: Im Städtischen Museum präsentiert sich mit Nicole Eisenberg eine Malerin, deren Arbeiten in erster Linie von ihrer überzeugenden Ästhetik leben. Die kritische Auseinandersetzung gerät vor allem in den Stadtbildern durch die äußere Form und die Zurückhaltung der Künstlerin in den Hintergrund. Letztendlich aber doch mehr Licht als Schatten. (bis 22.3.)


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